Amberg – St. Martin (Turmansicht)

Pablo de la Riestra / Kunstdruck

Gezeichnet von Pablo de la Riestra
Format: 21,0 x 29,7 cm (DIN A4)
Preis: 12,00 €

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Als Ersatz eines romanischen Vorgängerbaus, der erst 1456 gänzlich beseitigt wurde,  begann man 1421 mit Arbeiten am Hallenchor den Bau einer neuen dem heiligen Martin geweihten Kirche. Bereits 1452 konnte im fertiggestellten Bereich Gottesdienst gefeiert werden. Eine zweite Bauphase bis zum Abbruch der Bauhütte 1522 respektierte den ursprünglichen Entwurf mit nur geringfügigen Veränderungen. Erst 1460 nennt die Überlieferung einen Baumeister: Marsilius Poltz. Seine Nachfolger waren Hans Zunter und bis 1496 Hans Flurschütz. 1478 zimmerte Hans Erhart das monumentale Dachwerk. Der Turm wurde erst 1534 von Wolf Keul vollendet. Nach Kriegsschäden am Turm Anfang des 18. Jh. bauten Hans Kaspar Schubert und die Gebrüder Wolf 1723-24 die beiden oberen Geschosse, die in einer leicht gestelzten Kupferhaube mit Laterne enden.

Der Urentwurf von Sankt Martin stammt von einem namentlich nicht überlieferten Meister, der jedoch offensichtlich zum Kreis hochkarätiger Architekten des Reiches gehörte. Die Vogelperspektive lässt die verblüffende, scheinbare „Einfachheit“ des Baukörpers erkennen. Nur die baulich von der Kirche getrennte Leonhardikapelle (heute Sakristei), deren Bauachse von der der Kirche divergiert, unterbricht die Südseite des Baublocks. Solcher Verzicht auf jegliche Wandgliederung bei einem Großbau war kurz zuvor lediglich von der Marienkirche im preußischen Thorn und von der Stadtpfarrkirche in Salzburg bekannt. Nach dem Prinzip dieser Kirchen sind in Sankt Martin ebenfalls die Strebepfeiler nach innen eingezogen und lassen die Außenwände völlig glatt. Die aus den Bauten der Parler und ihrer Nachfolger (Schwäbisch Gmünd, Salzburg) kommende, sich aus dem niedrigen Kapellenkranz ergebende Zweigeschossigkeit wurde in Amberg aber im Inneren durch eine umlaufende Galerie mit eigener Brüstung gestaltet. Somit stand Sankt Martin Pate für einige der wichtigsten spätgotischen Kirchen Sachsens und Böhmens (Freiberg, Annaberg, Brüx, Most). Mit seinem extrem strengen Außenbau kündigt St. Martin die fast 50 Jahre später begonnene Frauenkirche in München an. Es handelt sich also bei der Martinskirche um eine für die damalige Zeit eindeutig bahnbrechende Architektur.

Am Außenbau fallen im westlichen Langhausbereich zwischen den Fenstern dünne, über Eck gestellte Strebepfeiler auf, die in der ersten Bauphase nicht vorgesehen waren. Sie haben keine statische Funktion und dienen der optischen Unterteilung des Baukörpers in Joche. Die 2007 vollendete Dachrenovierung versäumte leider die Wiederherstellung der Dachgauben, die als Originalbestand bereits von den Darstellungen des 16. Jh. her bekannt sind.

In der Westansicht fallen die steilen Proportionen der Kirche auf. Das blockhafte Prinzip wurde hier beibehalten, indem die direkt vom Fluss emporsteigende Fassade als einheitliche Wand in kühnster Weise ohne jegliche Strebepfeiler aufwärts strebt. Das erste freie Turmgeschoss gehört noch zum gotischen Bestand und besticht durch seinen eigenwilligen, damals ebenfalls sehr modernen Entwurf, der mit kompositorischen Zweideutigkeiten spielt. Der Stilbruch mit der Gotik erfolgte unfreiwillig durch den barocken Turmaufbau nach der Beschieung von 1703.

Der hohe Wert des Kircheninneren lässt sich leider durch die dominante neugotische Ausstattung und durch zu dunkle Glasfenster, deren Farbigkeit und Stil dem mittelalterlichen Empfinden völlig fremd sind, nur schwer ausmachen. Auch die von der Heizung verursachte Verrußung der Gewölbe beeinträchtigt die Raumwahrnehmung.

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